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Dr. Jochen Dietrich

Von fotografischen Abenteuern in Portugal und dem Leben als Schulleiter

Die Fotoprojekte, die Dr. Jochen Dietrich umsetzt, zeigen, dass man den öffentlichen Raum aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten kann. Mit dem Abschluss in Kunst und Germanistik auf Lehramt in der Tasche, zog es ihn nicht direkt an die Schule, sondern erst einmal nach Portugal, wo er als Künstler aktiv war und wertvolle Kontakte für die kommenden Jahre knüpfte. Nach dem Referendariat lebte er drei Jahre in der portugiesischen Stadt Leiria, um schließlich nach Deutschland zurückzukehren. Heute ist er Schulleiter am Gymnasium Stift Keppel und denkt nicht selten an seine Zeit in Portugal zurück.

Die Fotografie zieht sich wie ein roter Faden durch Dr. Jochen Dietrichs Leben, der mittlerweile nicht nur in Siegen, sondern auch international in Portugal als Künstler bekannt ist. Bereits als Abiturient sah Jochen Dietrich die Welt mit anderen, künstlerischen Augen. Damals war er sicher, dass er Puppenkünstler werden wollte und bewarb sich bei zahlreichen Figurentheaterbühnen. Diese legten ihm, dem „Greenhorn“, jedoch ans Herz, zunächst etwas „Anständiges“ zu lernen und bei anhaltendem Interesse dann noch einmal wiederzukommen. Dietrich folgte diesem Rat und begann im Jahre 1986 sein Studium an der Uni Siegen in Kunst und Germanistik auf Lehramt. Während dieser Zeit, an die er sich nach wie vor überaus positiv erinnert, „wuchs sich die Begeisterung für das Puppentheater langsam heraus“, wie er es schmunzelnd formuliert und die Leidenschaft für Fotografie entwickelte sich weiter. So lernte er Lochkameras selbst zu bauen und experimentierte immer intensiver mit dieser neu entdeckten Art, Dinge wahrzunehmen. Er spielte mit dem Gedanken, als freier Künstler zu arbeiten und eröffnete mit einigen Freunden ein Atelier.

Ein Auslandssemester, das zahlreiche Türen öffnete

Sein ausgeprägtes Interesse an Sprachen führte dazu, dass er am Ende des Hauptstudiums entschied, noch Portugiesisch zu lernen und sich zur Überbrückung der Zeit bis zum Referendariat erneut einzuschreiben. Die Faszination für die Sprache und das Land zogen ihn schließlich für ein Auslandssemester nach Aveiro, Portugal. „Dies war ein entscheidender Schritt für mich, der mir später viele Türen öffnete.“
Eine dieser Türen begann mit einer ganz besonderen Projektidee. „Noch während meines Referendariats bewarb ich mich für ein Kunststipendium in Lissabon“, erzählte der gebürtige Siegener. „Ich stellte ein Projekt vor, in dem es darum ging, mit Eigenbaukameras leerstehende Kino- und Theatergebäude in ganz Portugal zu fotografieren.“ Seine Idee überzeugte und Dietrich verbrachte erneut ein Semester mit Unterbrechungen an der privaten Kunsthochschule in Lissabon. „Ich war dort eigentlich andauernd auf der Straße unterwegs und habe fotografiert. An der Uni war ich nur selten.“ Insgesamt 96 Kinos spürte der Alumnus in dieser Zeit auf und inszenierte sie auf eine ganz besondere Art und Weise mit seiner selbstgebauten Lochkamera. „Das Spannende am Fotografieren mit der Lochkamera ist, dass es immer ein Restrisiko gibt. Natürlich kann ich genau planen, wie das Bild aussehen soll, aber es bleibt immer ein Rest, den ich nicht genau vorhersehen kann. Das ist sehr bereichernd und man schafft die Voraussetzung, etwas geschenkt zu bekommen.“

Seine Bilder reisen durch ganz Portugal

„Nach meinem Referendariat schob ich den endgültigen Berufseinstieg wieder ein wenig auf und entschied mich für eine Promotion bei Prof. Bernd Fichtner, wiederum in Siegen.“ Fichtner fand bei Dietrich, dem ausgebildeten Lehrer, mit dem Interesse am portugiesischen Sprachraum und der Leidenschaft für die Kunst wichtige Parallelen zu seinen Interessen, und so entstand eine enge Zusammenarbeit. Im Jahre 2000 verteidigte Dietrich seine Doktorarbeit mit dem Thema „Vom Ansehen der Dinge - Die Camera Obscura als Mittel/Medium in der Lerntätigkeit“ erfolgreich und kurze Zeit später öffnete sich bereits eine weitere Tür, die erneut nach Portugal führte.

Inspiriert durch das 100-jährige Jubiläum des Kinos im Jahre 1996 sollte in der portugiesischen Stadt Leiria ein Kino-Museum entstehen. Auf der Suche nach den Resten der Kinokultur trafen die Verantwortlichen auch auf Jochen Dietrich, der sich bei ihnen meldete und von seinem eigenen Kino-Projekt erzählte. Es erwuchs eine intensive Kooperation und schließlich auch eine von dem Kino-Museum finanzierte Ausstellung, die 1997/1998 durch ganz Portugal tourte.

Aus Monaten wurden Jahre

Auch nach der Promotion brach sein Kontakt zu Portugal nicht - ganz im Gegenteil! Um das Fotoarchiv des Kino-Museums zu durchforsten und in Ordnung zu bringen, zog Dietrich zunächst für drei Monate nach Leiria. Aus drei Monaten wurden drei Jahre, in denen er aktiv bei dem Museumsgründungsprojekt mitarbeitete und neben der Arbeit im Fotoarchiv auch mit dem Bereich der Museumspädagogik betraut war. „Außerdem ergab es sich, dass ich an der pädagogischen Hochschule in Coimbra eine Vertretungsprofessur für Fotografie annehmen konnte und dort auch bis 2003 mit halbem Deputat arbeitete.“ Nach dieser Zeit stellte sich für ihn erneut die Frage „Was werde ich mal von Beruf?“ und so entschied er, das Rückfahrticket nach Deutschland zu ziehen.

Endstation: Stift Keppel

Nach einer langen Reise voller Abenteuer, Vertretungsstellen und künstlerischen Erfahrungen erreichte Dietrich 2007 die Endstation. Und das im sehr positiven Sinne, denn er ist nach wie vor sehr froh, am Gymnasium Stift Keppel in Hilchenbach als Kunst- und Deutschlehrer gelandet zu sein. „Es war eine Vernunftentscheidung, aber eine sehr gute, die ich nicht bereue. Meine Frau arbeitete damals schon in Siegen, und in Portugal hatte ich ja auch nur eine Vertretungsstelle. Die Rückkehr nach Deutschland war also der richtige Schritt.“ Sechs Jahre lang unterrichtete er an der Schule und ihm wurde klar, dass er dort bleiben wollte. Als die ehemalige Schulleiterin des Gymnasiums ging, eröffnete sich eine neue Chance. „Da ich bis dahin ja ein sehr unstetes Berufsleben geführt hatte, fand ich den Gedanken, nach sechs Jahren noch einmal etwas Neues zu wagen, sehr spannend. Dieser völlig neue Blick auf Schule reizte mich.“ Aus diesem Gefühl heraus bewarb er sich 2014 als Schulleiter. „Ich ließ diese Idee lange sacken und merkte, dass ich es mir zutraute. Zudem mag ich den Ort hier. Es ist ein Gebäude, das Geschichte atmet, und ich bin ein Teil davon. Das ist toll und unglaublich faszinierend.“

Noch häufig denkt er an seine Zeit in Portugal und das gerade auch, weil er als Schulleiter in viele Organisationsabläufe eingebunden ist. „Man lernt dort komplett andere Formen von Arbeitsabläufen kennen. Es geht alles langsamer, das gemeinsame Kaffeetrinken auf der Praça z.B. nach dem Mittagessen gehört einfach dazu. Die Einstellung ist einfach eine ganz andere, sodass es einem häufig passiert, dass ein Projekt für den nächsten Tag geplant ist, aber erst am Abend vorher überhaupt umgesetzt wird. Das habe ich als Qualität empfunden, auch wenn es manchmal Zeit frisst. Das soziale Netz ist dort sehr eng gewebt. Das ist etwas Besonderes, das es in der Dichte hier nicht gibt.“ Dafür schätzt er umso mehr, wenn es hier klare Absprachen gibt, die von beiden Seiten eingehalten werden. „Portugal ist schon ein tolles Land. Städte und Landschaften, der Duft von Orangenbäumen... das alles vermisse ich schon ab und zu, aber hier fühle ich mich wohl und hier bleibe ich auch.“ Dennoch verbringt Dietrich so einigen Familienurlaub gerne in seiner zweiten Heimat, aber natürlich nur zu Besuch.

Das Porträt basiert auf einem Interview mit Dr. Jochen Dietrich und wurde von Franziska Elsner verfasst.

 
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